Donnerstag, 17. Januar 2019

Das Hotel, das nicht existierte

Und wieder ein neuer Ort. Ramesvarar, das auf einer Insel liegt, nur etwa 30 km entfernt von Sri Lanka. Bis jetzt haben wir Ramesvaram nur bei Nacht gesehen, und wie üblich sitze ich auf dem Bett in meinem Hotelzimmer, den ipad auf den Knien. 

(Meine Zimmernachbarn klopften gerade schreiend an meine Tür und wollten mir die “bedbugs” zeigen, die angeblich in ihrem Bett herumspringen, aber es zeigte sich, dass es sich um winzige Löcher im Laken handelte.)

Heute vormittag waren wir noch in Madurai, fuhren mit Rikshas zum Gandhi-Museum, schauten uns die Ausstellung zum indischen Unabhängigkeitskampf an, Bilder zum Leben Gandhis und Ausstellungsstücke, die mit seinem Leben zu tun hatten. Wir stöberten in dem kleinen Museumsshop herum, der außer Büchern zu Gandhis Leben auch Bücher zur Alternativmedizin hatte, sowie hölzernes Spielzeug und Ohrringe aus Samen und gesundes Knabber- und Süßzeug. Auf einem Tisch stand “untouchable food”, u.a. Coca Cola und Chips, “do not touch!”. Dann war es Zeit, beim Schneider meine übliche Fischerhose abzuholen, aus einem dhoti (einem indischen Hüfttuch) genäht und dieses Jahr rot-lila kariert. Unsere Schar war weiter geschrumpft, als wir uns mit unseren Rollkoffern auf den Weg zum Bahnhof machten. Zuvor hatten wir an der Hotelrezeption noch ordentlich herumgeschimpft, weil die Wäsche, die wir dort abgegeben hatten, verfärbt und zum Teil verdorben zurückgekommen war. Wir forderten, dass wir die Wäsche zumindest nicht bezahlen müssten, aber der Dubi Walla stellte seine Ohren auf Durchzug und tat so, als würde er nicht verstehen, was wir sagten.

Der Zug war vespätet, ein anderer Zug wurde dazwischengeschoben, wir fragten mindestens fünf verschiedene Gesellschaften, ob das Gleis auch richtig sei, obwohl wir eigentlich sicher waren, aber dann halt doch wieder nicht. Als der Zug endlich einfuhr und wir unsere Plätze einnahmen, waren wir sehr müde, und als wir dann erfuhren, dass der Zug gar nicht nach Ramesvaram fahren würde und dass wir von Mandapam entweder einen Lokalbus nehmen müssten oder ein Taxi, fühlte wenigstens ich (als die offizielle Leiterin der kleinen Gruppe) mich noch müder. 

Aber das Beste sollte noch kommen: Ein junger Taxichauffeur (der außer “price” des Englischen nicht mächtig war, aber sehr nett, hilfsbereit und effektiv) fuhr uns vom sandigen Bahnhof nach Ramesvaram, dabei jedesmal geschäftig hupend, wenn er einen der Lokalbusse überholte, in denen müde Inder in den Fenstern hingen. Unser Hotel hatten wir ordentlich bei booking.com gebucht, doch bei der Ankunft war klar, das das einstige Hotel heute nicht mehr existierte. Das Schild war abgenommen und ruhte im Sand, die Tür stand aber trotzdem offen. Ich ging durch die leeren, düsteren Gänge, dabei rufend, in der Hoffnung, dass mir eine menschliche Seele antworten würde. Schließlich stieg ich alle Treppen hoch und sah endlich ein paar Latschen auf den Stufen stehen, und ein Mann mit einem kugelrunden Reisbauch und einem Lunghi um die Hüften stand sogleich in der Türöffnung eines Zimmers, das völlig chaotisch aussah und in dem ein Fernseher lief. Das Hotel sei nicht mehr in Betrieb. Wir hätten gebucht, jaha, aha, soso. Wenn wir wollten, könnten wir einige Zimmer beziehen, aber ohne jeden Service. Ich war schon kurz davor, einzuwilligen, aber unser Chauffeur zog mich am Ärmel und zurück auf die Straße, wo bereits ein weißgekleideter Inder stand, der uns sein Hotel als Ersatz anbot, gleich über die Straße und hell erleuchtet, und mit vier Boys an der Rezeption, die flink unser Gepäck auf fünf Zimmer verteilten. Also habe ich heute ein Einzelzimmer, was mir gut tut. P ist bereits in Tiruchirapalli, um ihre Bronchitis auszukurieren und außerdem der Teilnehmerin mit dem wehen Bein beizustehen, die inzwischen im Krankenhaus liegt. In Indien muss man, wenn man im Krankenhaus liegt, ständig jemanden an seiner Seite haben. 

Für morgen steht die Besichtigung des Tempels an und ein Besuch am Strand. Ich habe aufs Abendessen verzichtet, nur einen Becher Tee getrunken und die Klimaanlage in Gang gesetzt. Ich bin jetzt zufrieden und bei mir angekommen und neugierig darauf, was uns morgen wohl erwartet.

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