Donnerstag, 10. Januar 2019

Endlich wieder Gemüse hacken

Inzwischen sind wir im Shantivanam Ashram angekommen, was heißt, dass wir jetzt (leider nur) einige Tage in einer wohltuenden Oase in der Nähe des Kaveri-Deltas verbringen, in der Gesellschaft von orange gekleideten indischen Benediktinermönchen, zahllosen Pfauen, Erdhörnchen, Kühen (natürlich auch Mücken) und inmitten von Bananenstauden, Pfefferstauden, Kokosnusspalmen, Hisbiskusbüschen und anderem, was hier sprießt und wächst und gedeiht. Zum Ashram vielleicht später mehr. Erstmal noch etwas zu den Prüfungen, die uns hier täglich begegnen, an denen wir (hoffentlich) wachsen.

Gestern, als wir von Chidambaram hierher gekommen waren, mussten wir feststellen, dass ein Koffer fehlte. Und das, obwohl drei Personen unabhängig voneinander nachgeschaut hatten, ob noch Koffer in der Rezeption oder vor dem Hotel standen, obwohl P vor der Abfahrt alle Zimmer kontrolliert hatte. Das allein ist schon Alptraum genug. Aber der Alptraum wurde potenziert, als wir begriffen, dass in dem Koffer lebenswichtige Medikamente gewesen waren. Unser Chauffeur half uns, beim Hotel anzurufen, und es erwies sich, dass der Koffer aufgefunden worden war. Das war schon mal eine Erleichterung. Aber wie ihn hierher bringen? Wegen den Medikamenten musste das so schnell wie möglich geschehen. En Bus ging nicht mehr, und es war schon sechs Uhr abends. Unser Chauffeur schickte einen Taxifahrer los, der vier Stunden hin, vier Stunden zurück unterwegs sein sollte. Also mussten wir den Wächter informieren, dass mitten in der Nacht ein Taxi mit einem Koffer hier aufkreuzen würde. Das Ganze hatte noch einige indische Wendungen, die ich hier jetzt auslasse, aber der Koffer kam tatsächlich um zwei Uhr nachts an, vollständig in Plastikfolie eingewickelt. 

Ich sitze im “Gemeinschaftsraum” unserer Gruppe, unter freiem Himmel, es wird gerade dunkel und die Mücken stellen sich ein. In der Luft ist noch der Rauch der Leichenverbrennung, die heute auf der Bestattungsstätte in der Nähe des Flusses stattgefunden hat. Wir hörten das Getrommel und das Geschepper, als der Leichenzug an unseren Zimmern vorüberzog. 

Zum Titel des heutigen Eindrucks will ich nur kurz sagen, dass wir hier auch endlich wieder Gemüse hacken dürfen. Ich habe heute eine riesige Schüssel Rettich gehackt, am Anfang unter den erstaunten Augen von einigen jungen (Spinat hackenden) indischen Priesterkandidaten, die vielleicht nicht geglaubt haben, das wir unser Essen zu Hause selber kochen. Später wurde ich von ihnen zum “Master Chef” ernannt.  Es ist schön, so ganz normal und alltäglich wieder unter Menschen zu sein, es kommt zu interessanten Begegnungen und Gesprächen, und das Einzige, was unser Wohlgefühl im Moment trübt, ist eigentlich, dass wir in ein paar Tagen wieder von hier wegmüssen.

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